Lewinsky, Charles - Täuschend echt

Was für ein großartiger Autor! Für mich eine Neuentdeckung, mit der ich sehr glücklich bin, denn die Erzählart des Autors ist fesselnd und emotional. In der Geschichte "Täuschend echt" geht es um ein brandaktuelles Thema, und zwar KI. Künstliche Intelligenz ist inzwischen allen zugänglich. Wie viel Wert hat noch das schriftstellerische Können in den Zeiten, wo jeder mit Leichtigkeit KI generierte Texte erstellen kann. Mit einer gewissen Portion Ironie begibt sich Charles Lewinsky auf die Reise der Entdeckung von KI Fähigkeiten. Der Protagonist, ein Werbetexter, verliert unverhofft seinen Job, aber nicht nur das, seine Lebensgefährtin verlässt ihn ebenfalls, sodass der Mann, mittleres Alters, vor einem Neuanfang steht. Es ergibt sich, dass der Protagonist mithilfe des Textgenerators sich daran macht einen Roman zu schreiben, was zunächst als eine Art Spielerei beginnt, wird zu einem ernsten Anliegen, das Konsequenzen nach sich zieht. Geschickt baut der Autor KI generierten Passagen in vielen Variationen in seinen Roman ein. Die Geschichte ist sehr gut gelungen, nicht nur interessant und unterhaltsam, sondern auch nachdenklich stimmend und mit einem feinen Humor versehen. Sehr zu empfehlen.

Grangé, Jean-Christophe - Blutrotes Karma

  Der Roman beginnt temporeich. Wir schreiben das Jahr 1968 und sind direkt in die Unruhen, den studentischen Aufständen in Paris involviert. Die Atmosphäre ist düster und bedrückend. Die Straßen brennen, die Zusammenstöße mit der Polizei sind alles andere als friedlich, Organisation und Ordnung sind zerstört. Gleich zu Beginn lernen wir den Studenten Hervé, der zu den typischen jungen Leuten dieser Zeit gehört. Alles hinterfragen, alles ausprobieren. Drogen, Haschisch und esoterische Theorien finden hier die Daseinsberechtigung. Mitten in diesem Chaos besucht Hervé eine seiner Freundinnen, Suzanne und findet sie bestialisch zugerichtet in ihrem Apartment auf. Panisch ruft er seinen Halbbruder, Polizisten Jean-Louis Mersch an. Der anschließend die Ermittlung übernimmt. Als weitere Freundin von Harvé ermordet und in einer Yogapose arrangiert aufgefunden wird, wird die Suche drängender, den der Täter hat es auch auf Harvé abgesehen. Diese Einführungsgeschichte brauchte meines Erachtens etwas zu lange und hat der Gesamtentwicklung eines temporeichen Thrillers geschadet. Meiner Meinung nach wäre es besser, schon eher zu dem zweiten Teil der Ermittlung überzugehen. Nervenzerreißende Verfolgungsjagd führt unsere Protagonisten nach Kalkutta, wo sie mit dem Elend und Armut der indischen Kastensysteme wie auch spirituellen Praktiken, Glaubensrichtungen, Gurus und Sekten konfrontiert werden. Dieser Teil der Ermittlung fand ich sehr gut gelungen und fesselnd erzählt. Alles in allem ein lesenswerter Thriller von Jean-Christophe Grangé. Einzig schade fand ich, dass der Beginn und Einstieg in die Geschichte sich etwas zu lang zogen, auch wenn dabei viele interessante Informationen geliefert wurden. Am spannendsten fand ich die Ermittlungen in dem zweien Teil des Romans. Für die Liebhaber des Autors allerdings ein Muss.

 Seck, Katharina - Was wir nicht kommen sahen

Katharina Seck ist eine Neuentdeckung für mich. Mit Leidenschaft und viel Gefühl erzählt sie eine komplexe Geschichte von Trauer. Eine junge Frau, gerade an der Schwelle zum Erwachsenwerden, begeht Selbstmord. Die Geschichte ihrer Eltern nach dem tragischen Verlust macht ein Drittel der Geschichte aus. Doch das wichtigste Thema verbirgt sich in Rückblenden. "Was wir nicht kommen sahen" - ist die Feststellung von Jenny und Dominik, der Eltern von Ada. Nach und nach entwickelt sich das Gesamtbild dessen, was tatsächlich passiert ist. 

Ada, die sich im Gamestreaming versucht, wird mit Hass und Gewalt im Netz konfrontiert, doch die gibt nicht klein bei, sondern begibt sich auf eine gefährliche Reise des Widerstands. Nach ihrem Tod versuchen die Eltern des Mädchens zu rekonstruieren, was vorgefallen ist, was genau hat ihre Tochter zu diesem unsagbar dramatischen Schritt geführt. Nach und nach klärt sich das Bild, doch bringt es die Erleichterung für die Hinterbliebenen, bleibt herauszufinden. 

Katharina Seck ist ein großartiger Roman zu den Themen, aktueller denn je, gelungen. Gekonnt setzt sie sich mit der emotionalen Seite des Verlustes aus. Die Kapitel aus der Sicht der Mutter sind überflutet vom Gefühl der Hilflosigkeit und des Verlustes. Aber auch die Sicht von Ada wird dargestellt. In diesem Teil des Romans geht es um Gewalt in Social Media, um die Macht, die das geschriebene Wort hat, um Resignation und Wut, um Hass und ungeschorenes Davonkommen, aber auch um Mut, sich dagegenzustellen, sich zu wehren. 

Sehr lebendig und voller Gefühle erzählt die Autorin die Geschichte von Ada. Dabei schneidet sie auch politischen und sozialen Themen unserer Zeit an. Sehr reflektiert und treffend gibt sie die moderne Welt des Internets wieder. Der Roman bietet eine Menge Diskussionsstoff und wäre optimal, um in der Schule gelesen zu werden. Nachdenklich und traurig ist die Grundstimmung dieser Geschichte. Fesselnd erzählt und unbedingt lesenswert.

 Hasse, Stefanie - Matching Night

Stefanie Hasse ist eine schöne Neuentdeckung für mich. Die Beschreibung zu diesem Roman klang gut, da ich Handlungsorte wie Campus und Universität recht spannend finde, also wollte ich das Buch lesen. Eine sehr gute Entscheidung, muss ich im Nachhinein sagen. Ganz großes Kino.  

Erzählt wird eine Geschichte von jungen Leuten, die an einer Eliteuniversität studieren. Bekanntlich spielen die Studentenverbindungen auf dem Campus eine große Rolle. Die Hauptdarstellerin dieser Geschichte, Cara, eine übrigens sehr sympathische, einfühlsame, kluge und liebe Person, erfüllt sich einen Traum. Doch einfach ist es nicht, ihre Eltern haben sich in Schulden gestürzt, um das Studium für ihre Tochter zu ermöglichen. Als die Einladung zu einer elitären Studentenverbindung Raven kommt, ist Cara im siebten Himmel. Falls sie dazu gehören sollte, werden all ihre Probleme mit einem Mal gelöst. Um die Aufnahme zu bestehen, muss sie an einem dreitägigen Match teilnehmen. Was sich alles andere als einfach erweist. Hier beginnt die eigentliche Geschichte um Cara und ihre Freunde...

Der Roman ist nicht nur ausgesprochen fesselnd, spricht auch wichtige Themen an, wie Vertrauen, Freundschaft, Liebe und Verrat. Die Geschichte ist reich an unerwarteten Wendungen, der Leser weiß nie so recht, wer welche Spielchen treibt. Die Charaktere sind bildlich dargestellt, und wirken sehr lebendig. Eine sehr gut gelungene Dilogie, die ich zum Glück in einem Band hatte. Denn das erste Buch endet mit einem Cliffhanger, da wäre es grausam auf Buch zwei warten zu müssen. ;)

Ein toller Pageturner, den ich nicht aus der Hand legen konnte, voller Intrigen, Emotionen, Geheimnissen und Romantik. Sehr zu empfehlen.

 Gong, Chloe - Immortal Longings

Chloe Gong ist für mich eine Neuentdeckung. Mit großem Interesse habe ich ihren Fantasyroman "Immortal Longings" gelesen. Das Erste, was mir zu diesem Roman einfällt, ist die Komplexität der Welt, die Chloe Gong in ihrem Roman erschaffen hat. Für den Anfang brauchte ich eine gewisse Konzentration, um der Handlung und ausführlichen Beschreibungen des Zwillingsstadt San-Er, Körperwanderung mithilfe von Qi und den herrschenden, politischen Verhältnissen zu folgen. Die Welt, die vorgestellt wurde, ist kompliziert und vielschichtig, doch gerade das weckte mein Interesse an der Geschichte. Die Zustände, die für die einfache, arbeitende Bevölkerung herrschen, sind schwierig und nur mit viel Zorn auf die Ungerechtigkeit der Herrscher, konnte ich beim Lesen die Armut, Verzweiflung und Gesetzlosigkeit dieser Welt ertragen. Was mir besonders gut gefiel, sind die moralischen Fragen, die in diesem Roman angesprochen wurden. Ebenfalls die Charaktere des Romans sind vielseitig und nicht schwarz-weiß dargestellt. Die grundlegende Idee zu der Geschichte ist zwar nicht neu, doch die Umsetzung ist sehr interessant. Es lohnt sich, diesen Fantasyroman zu lesen.