Doyle, Roddy - Lächeln
Über den Autor: / AmazonRoddy Doyle, 1958 in
Dublin geboren, ist Schriftsteller, Drehbuchautor und
Booker-Preisträger. Er studierte Anglistik und Geografie und arbeitete
viele Jahre trotz großer literarischer Erfolge weiterhin als Lehrer,
bevor er sich ab 1993 ganz dem Schreiben widmete.
Das Leben in
Dublin bildet den Hintergrund vieler seiner Romane und Erzählungen. Die
meisten seiner Theaterstücke drehen sich ebenfalls um das Leben in der
irischen Hauptstadt. Zu seinen bekanntesten Romanen gehören die Bände
der „Barrytown“-Trilogie, „Wildnis“ und „Henry der Held“ heißen weitere
seiner Erfolgstitel. Und, wenig überraschend: Der Autor lebt nach wie
vor in Dublin.
Kurzbeschreibung: /Verlag
Gerade
in eine neue Wohnung gezogen und zum ersten Mal seit Jahren allein,
geht Victor Forde in Donnelly's Pub auf ein Bier. Dort bekommt er
Gesellschaft. Ein Mann in Shorts und rosa Hemd, stellt sich als
Fitzpatrick vor und setzt sich zu ihm. Er kennt Victors Namen und
erinnert sich an ihre gemeinsame Schulzeit.
Victor mag ihn nicht.
Auch mag er die alten Geschichten über ihre Zeit bei den Christlichen
Brüdern nicht, die Fitzpatrick hervorkramt. Angeregt durch die Gespräche
steigen auch andere Erinnerungen in Victor hoch - an Rachel, seine
schöne Ex-Frau und Berühmtheit, an seinen eigenen Anspruch, etwas im
Leben zu erreichen. Aber es sind die Erinnerungen an die Schule, an die
Lehrer, vor allem an den einen Christlichen Bruder, die ihm am meisten
Unbehagen bereiten. Die lange verdrängten Ereignisse suchen Victor in
immer kürzeren Abständen heim und scheinen ihm schließlich fast den
Verstand zu rauben. Bis er zu einer schockierenden Erkenntnis gelangt,
die alles verändert...
Meine Gedanken zu dem Roman:
Die
Geschichte des Hauptcharakters Viktor Forde beginnt unspektakulär.
Nachdem er in eine neue Wohnung gezogen hat, möchte er einen Neustart
wagen, und beschließt einen Stamm-Pub für sich zu erschaffen. Nicht weit
seines Appartments findet er einen recht einladenden, ruhigen Pub, mit
überwiegend Stammgästen. Mit einem Buch geht er jeden Abend dorthin. Bis
er eines Tages eine Bekanntschaft macht. Der Mann, der ihn anspricht,
behauptet sein Schulkamerad zu sein, doch Viktor erinnert sich nicht an
ihn. Dennoch bleibt Eddi an ihm dran und pflegt die Beziehung. Was
Viktor ganz sicher weiß, er mag den Eddi nicht. In seiner Anwesenheit
fühlt er sich unwohl. Im Laufe der Zeit macht er Bekanntschaft mit den
Stammgästen des Lokals und fühlt sich in der Umgebung recht wohl. Und
freut sich, dazuzugehören.
Die Erzählung wechselt
zwischen unterschiedlichen Handlungsorten- und Zeiten: Der
Hauptcharakter erinnert sich an seine Schulzeit, an seine Arbeit als
Kritiker beim Radio und bei Verlagen, an seine große Liebe, seine Frau,
die wunderschöne Rachel, die dazu auch noch prominent ist. Abwechselt
lässt der Hauptcharakter den Leser an seinem Leben teilnehmen: mal
Kindheit, mal erwachsenes Alter. Auch über seine Schulzeiten in einer
katholischen christlichen Schule, mit Glaubensbrüdern als Lehrer,
erinnert er sich. Auch wenn er schlimme Zeiten in dieser Schule erlebt
hat, denn dort herrschte Gewalt und Kindermissbrauch, ist er mit seinem
momentanen Leben zufrieden.
Als Leser erlebt man seine
Geschichte aus der Sicht des Autors. Dem Autor Roddy Doyle ist es
hervorragend gelungen, die emotionale Ebene des Protagonisten auf den
Leser zu übertragen. Der Leser kann lebendig die Emotionen von Viktor
miterleben, die Freude, die Trauer. Als das Thema katholische Brüder in
einem Internat in Irland angesprochen wird, weiß man schon, in welche
Richtung der Roman geht. Ein brisantes, unendlich wichtiges und auch
dramatisches Thema, das den Autor beschäftigt. Die Verarbeitung des
Themas ist nicht alltäglich. Der Roman ist sehr gut geschrieben, die
sprachliche Qualität fand ich hoch. Eine bildhafte, lebendige Sprache,
bei der einiges zwischen den Zeilen zu lesen ist. Sehr gut
nachzuvollziehen, dass der Autor mit dem Booker Preis für ein anderes
Buch ausgezeichnet wurde.
Was an diesem Roman genial
ist, abgesehen davon, dass ich ihn für sehr gut gelungen halte, ist das
Ende. Ich fand es überraschend und sehr schmerzhaft. Diesen Roman würde
ich einem breiten Publikum empfehlen. Provokant, tiefgründig, sehr
bewegend und aufwühlend. Ich hatte sehr schöne Lesestunden, die mich
emotional auf Trab gehalten haben. Von mir gibt es 4,5 Sterne.