Über den Autor:
Jordan Tannahill,
geboren 1988 in Kanada, ist Autor, Dramatiker und Regisseur. Seine
Theaterstücke wurden in über zehn Sprachen übersetzt und zwei davon mit
dem Governor General's Literary Award for Drama ausgezeichnet, Kanadas
höchstem staatlichen Literaturpreis. Sein erster Roman Liminal wurde von
CBC Books als einer der besten kanadischen Romane des Jahres
bezeichnet, sein zweiter Roman Das Summen.
„Es war genau der
richtige Zeitpunkt, um an dem Buch zu arbeiten … Wir leben in einer sehr
paranoiden, sehr atomisierten Zeit, in der wir nach Gemeinschaft und
einem Gefühl der Verbundenheit suchen. Das ist es auch, wonach Claire in
dem Roman sucht. Es gibt eine Menge Fehlinformationen und eine
Verschwörungskultur in unserer Politik – wie aktuell die täglichen
Anti-Impf-Demos. Als ich das Buch gerade zu Ende schrieb, verbrannten
Leute 5G-Funkmasten auf den Straßen …“ – Jordan Tannahill im Interview mit dem Intermission Magazine.
Kurzbeschreibung:
Claire
hört ein Geräusch, das nie verstummt. Es treibt sie fast in den
Wahnsinn. Als ihre Familie, die das Geräusch nicht wahrnehmen kann, sie
verstößt, findet sie Anschluss zu anderen, die es ebenfalls hören. Doch
was als Selbsthilfegruppe beginnt, entwickelt sich bald zu einer Art
Sekte...
Meine Gedanken zu dem Roman:
Zunächst
muss ich sagen, dass ich von dem Buch begeistert bin. Mit großem
Vergnügen habe ich den Roman in wenigen Stunden weg inhaliert. Bei mir
traf der Spruch zu: Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen. Die
Geschichte beginnt überschaubar und allmählich. Eine noch junge Frau,
verheiratet, einer Tochter im Teenageralter, arbeitet als
Englischlehrerin an einer Schule. Die Schüler mögen sie und der
Unterricht macht beiden Seiten Spaß. Sie führt ein glückliches und
zufriedenes Leben.
Eines Tages hört Claire Devon ein
Summen, doch sie misst dem Geräusch noch keine Bedeutung zu. Da das
Summen mehr als lästig ist, und sogar körperliche Symptome, wie
Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Nasenbluten verursacht, fängt Claire zu
recherchieren und nach einem Grund für dieses Geräusch zu suchen. Als
ihre Familie die Veränderungen bemerkt, steckt Claire schon tief in der
Thematik drin. Leider, ist die Reaktion ihres Mannes und der Tochter
abweisend. Sie solle doch aufhören zu spinnen. Durch einen Zufall
erfährt die Hauptprotagonistin, dass ein Schüler aus ihrer Klasse, der
noch später eine wichtige Rolle spielen wird, ebenfalls von dem Geräusch
geplagt wird. Nach und nach finden sich noch mehr Leute, die das Summen
hören. Die beginnen sich regelmäßig zu einem Gespräch als eine
Selbsthilfegruppe zu treffen. Die Entwicklungen, die dem folgen, sind
tragisch, fesselnd und überraschend.
Das Genre dieses
Romans ist fließend, denn es wirkt wie Realität, und könnte genau so,
auch tatsächlich stattfinden, wie beschrieben. Da muss ich
beispielsweise an die Menschen denken, die krank werden, von dem Lärm
der Windmühlen. Denn Lärm wie auch immer geartet bedeutet für die
Menschen Stress. Ein ungesunder und schädlicher Faktor. Aber zurück zu
dem Roman: Ich würde sagen, dass einige Aspekte des magischen Realismus
hier mit wirken. Sonst ist der Roman ein Drama, das auf mich emotional
sehr aufwühlend gewirkt hat. Das Erste, womit ich überhaupt nicht
klarkam, war die Tatsache, dass die Familie von der Hauptprotagonistin
sich dafür entschieden hat, sich von ihr abzuwenden, anstatt zu
versuchen, sie zu verstehen und ihr zu helfen. Kommt vor, doch emotional
gesehen, bedürfte diese Handlung eine intensive Auseinandersetzung mit
dem Erzählten. Vermutlich, weil es so viele Parallelen zu der heutigen
Gesellschaft gibt, hat mich der Roman absolut gefesselt.
Die
sprachlichen Qualitäten des Romans fand ich lobenswert. Fließend,
lebendig, verständlich, aber nicht zu flach, erzählt der Autor die
spannende Geschichte von Claire. Die Charaktere, und da gab es recht
viele, wurden alle plastisch dargestellt, ich konnte als Leserin
bildhaft die Protagonisten vorstellen. Das führte dazu, dass man das
Gelesene noch eindringlicher erlebt. Die zwischenmenschlichen
Beziehungen wurden sehr schön ausgearbeitet, und um nicht zu spoilern,
gehe ich auf diesen Punkt nicht näher an, doch das Zwischenmenschliche,
ist das mitunter Wichtigste in dieser Geschichte.
Freunde,
Seelenverwandte, Familie - wie hängt alles zusammen, sind die Fragen
des Romans. Gehören wir als Menschen, als Individuen zusammen, oder
müssen wir uns einzeln durchschlagen? Was ist Wahnsinn, was ist eine
Verschwörung... Dies und noch viel mehr. Die Ethikfragen lassen den
Leser lange über das Buch nachdenken. „Das Summen“ ist äußerst intensiv
und spannend.
Für mich war es ein Highlight. Eine
unvergessliche Geschichte, die noch lange nachwirkt. Würde ich allen,
die nicht abgeneigt sind, mit magischem Realismus in Kontakt zu kommen,
empfehlen. Von mir gibt es 5 Sterne.