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 Heinisch, Andrea - Henriette lächelt

Erzählt wird die Geschichte einer nicht mehr sehr jungen Frau von 50 Jahren, die keinen Kontakt nach draußen hat, abgesehen von Ihrer Mutter. Henriette ist übergewichtig, und zwar sehr, sie wiegt 150 Kilogramm und verlässt das Haus nicht. Das Essen wird geliefert, sie arbeitet im Homeoffice. Außer Mutter ist da keiner. Ein trauriges Leben. Doch ein Lichtblick hat Henriette, ihr Kollege im Homeoffice hat schönen Augen, aus diesem Gedanken entwickeln sich Fantasien und Träume, mit denen Henriette sich beschäftigt. Der Alltag der Frau wirkt auf den Leser erschreckend: allein, ohne Unterstützung, ohne soziales Leben, mit unglaublicher Menge an Lebensmitteln, die sie zu sich nimmt, mit Kontrolle, Übermacht und ständigen Einmischung der Mutter. Die Entwicklung der Geschichte ist jedoch positiv, was mich sehr gefreut hat. Die vorsichtigen Kontakte nach Draußen, Erstaunen darüber, dass man als Person wahrgenommen wird... 

Die Geschichte ist flüssig erzählt. Da der Roman nicht allzu viele Seiten hat, ist diese schnell gelesen. Doch nachhallen tut die Story von Henriette noch lange. Die Sprache des Romans ist knapp, konzentriert, wenig beschreibend. Die Andeutungen muss der Leser selbst entschlüsseln. Auch wenn die Geschichte schonungslos ehrlich ist, und ein trostloses Schicksal zum Beginn beschreibt, ist das Buch nicht negativ. Emotional, traurig durchaus, aber letztendlich hoffnungsvoll.

 Elisabeth Sandmann - Porträt auf grüner Wandfarbe

Über die Autorin:

Elisabeth Sandmann ist Verlagsbuchhändlerin, promovierte Literaturwissenschaftlerin und Verlegerin. Seit Jahrzehnten beschäftigt sie sich mit den Biografien außergewöhnlicher Frauen. 2015 veröffentlichte sie das Sachbuch »Der gestohlene Klimt«, das sich mit einem spektakulären Restitutionsfall beschäftigt. Sie lebt mit ihrem Mann in der Nähe von München und ist Mutter eines erwachsenen Sohnes.

 Kurzbeschreibung:

Die Wahrheit ist selten ganz einfach. 1918 trifft die bodenständige Ella im legendären Hotel Schloss Elmau auf die glamouröse Ilsabé. Es entsteht eine ebenso unverbrüchliche wie komplizierte Freundschaft, die Kriege überdauert und Geheimnisse bewahrt. Jahrzehnte später findet Ilsabés Enkelin Gwen die roten Hefte, die Ella mit ihren Erinnerungen gefüllt hat und in denen sie ebenso viel preisgibt, wie verschweigt. Für Gwen beginnt eine aufwühlende Spurensuche. Aber geht es wirklich nur um verschwundene Kunstwerke oder um ganz andere Verluste?

Meine Gedanken zu dem Roman:

Die Geschichte ist mit einigen Worten nicht zu umfassen, denn die ist vielschichtig, wechselhaft, verborgen und fest verwoben. Eins passt zu dem anderen, doch diese rätselhafte Verbindung liegt es an dem Leser zu entwirren. Hört sich vielleicht kompliziert an, ist es aber nicht. Der Roman bereitete mir als Leserin oder besser gesagt Zuhörerin großes Vergnügen. Eine Lektüre, wie ich, die mir für die freien Stunden am Abend beim guten Wetter vorstelle. Fließend und fesselnd entwirrt die Autorin die Geschichte von Ella und Ilsabé. Über viele Jahre hinweg, und mit vielen wichtigen politischen und sozialen Momenten verbunden. 

Auf den Inhalt würde ich gar nicht eingehen, in etwa kann sich jeder Leser vorstellen, was sich hinter einem Roman mit einem Familiengeheimnis, das die Generationen übergreift, verbirgt. So ist es auch bei Frau Sandmann, sie hat die Welt nicht entdeckt mit diesem Roman. Doch für die Liebhaber Familienromanen, die hervorragend recherchiert sind, keine logischen Fehler aufweisen, mit Wissen und Fakten glänzen und obendrauf noch fesselnde Geschichte anbieten, ein Muss. Als ich die Informationen über die Autorin gelesen habe, denn ich möchte immer wissen, mit wem ich es zu tun habe, habe ich nur zustimmen genickt. Ganz genau - ihre Fähigkeiten als Literaturwissenschaftlerin müssen in diesem Roman sehr hilfreich gewesen sein, denn schon beim Lesen hatte ich die perfekte und umfassende Recherche bewundert. Ich schätze das sehr. 

Der Roman wird aus der Sicht der Übersetzerin Gwen, dieser Erzählstrang ist gegenwärtig. Allerdings nicht so bedeutend für den Roman, in meinen Augen, auch ein wenig langatmiger gestaltet, als die Briefe und Aufzeichnungen von Ella. Die eigentliche Hauptprotagonistin des Romans. Dieser Erzählstrang ist lebendig, bildhaft, sehr emotional und geht einem nahe. Hat mir ausgesprochen gut gefallen. Doch ohne Gwen gäbe es keine Auflösung all den Geheimnissen. Ja, in diesem Roman geht es nicht um einen... 

Eine emotionale Familiengeschichte über wichtige Fragen: Vergebung, Schuld, Hoffnung, Träume, Geheimnisse. Flüssig erzählt, etwas verworren am Anfang, fand ich aber gar nicht schlimm, mit etwas Geduld ist man im Fluss, und darf eine schöne, umfassende und komplexe Familiengeschichte genießen. 

Da ich ein Hörbuch gehört habe, werde ich noch gern die Sprecherin loben: Elisabeth Günther macht es hervorragend. Eine ruhig, gut artikulierte Stimme, der ich gern über 16 Stunden gelauscht habe. Die Lesung ist ungekürzt. 

Eine neutrale Bewertung: Mit der ganzen Recherche, komplexe Handlung und fesselnder Erzählung verdient dieser Roman, ganz besonders für die Liebhaber von geheimen Familiengeschichten geeignet, die volle 5 Sterne.

Mein persönliches Empfinden: Da ich Familiengeschichten nicht als mein Hauptgenre sehe, und sehr neugierig auf den ganz tollen Titel der Geschichte war, dabei anfangs ein wenig Schwierigkeiten hatte, würde ich dem Roman sehr gute 4,5 Sterne geben.


Littlewood, Fran - Die unglaubliche Grace Adams 

Über die Autorin:

Fran Littlewood hat am Royal Holloway College der University of London Creative Writing studiert und mit Auszeichnung bestanden. Zuvor war sie Journalistin und arbeitete u.a. für die Times. Sie lebt mit ihrem Mann und drei Töchtern in London.

Kurzbeschreibung:

An einem heißen Sommertag, auf dem Weg zu ihrer Tochter, steht Grace Adams im Stau. Und auf einmal ist alles zu viel. Sie lässt das Auto mitten auf der Straße stehen und stürmt los: Grace ist entschlossen, ihr Leben umzukrempeln. Sie läuft zu ihrer Tochter, die sie nicht auf ihrer Geburtstagsparty sehen will. Sie geht auf ihren Ehemann zu, der sich von ihr getrennt hat. Sie stellt sich dem schrecklichen Ereignis, das ihre Familie zerstören kann. Sie wird ihrer Tochter beweisen, dass es möglich ist, wieder aufzustehen, egal wie tief man fällt. Denn Grace Adams ist unglaublich. Ihr Ehemann und ihre Tochter wussten das mal. Jetzt wird Grace sie daran erinnern.

Meine Gedanken zu dem Roman:

Auch wenn das Cover eine leichte Unterhaltung verspricht, ist diese Geschichte tiefsinniger und düsterer, als man sich zunächst vorstellt. Die Hauptdarstellerin des Romans Grace Adams ist Mutter und Übersetzerin, in ihrer Jugend hat sie als Polyglott Preise gewonnen, doch im weiteren Leben ist der Erfolg ausgeblieben. Was sie mit Leib und Seele ist, ist Muttersein. Mit der ganzen Kraft ihres Herzens liebt sie ihre Tochter, doch einiges scheint schief zu gehen. Als Leser lernen wir die Frau kennen, als sie in einem Stau steht, bei der extremen Hitze schwitzt und sich zu einem den wichtigsten Terminen überhaupt verspätet: Ihre Tochter wird 16 und sie möchte ihr eine Torte überreichen und gratulieren. So lässt Grace das Auto stehen und begibt sich zu Fuß zu der Tochter, die zurzeit bei ihrem Vater wohnt. Der Weg zu der Wohnung ihres Ex-Ehemannes ist beschwerlich. Es passiert viel, wird viel nachgedacht, gegrübelt, geschimpft, geweint und alles droht im Chaos zu versinken.

Anfangs wusste ich überhaupt nicht, wohin die Reise geht. Und hatte anfänglich Schwierigkeiten, mich zu orientieren. Da ich das Buch als Hörbuch hörte, und mir die Überschriften über die Kapitel mit Angabe der Zeit gefehlt haben, musste ich nachdenken, von welcher Zeit denn jetzt berichtet wird. Die Geschichte macht sehr viele zeitliche Sprünge. Doch nach und nach war ich in der Story drin, und konnte mich auch nicht mehr abwenden. Ich wollte letztendlich verstehen, was denn mit der Protagonisten nicht stimmte, dass sie nicht ganz "normal" war, war offensichtlich. Die Entwicklung ist überraschend, das kann ich versprechen.

Dieses Hörbuch wurde von Tanja Fornaro vorgetragen. Und ich muss sagen, dass sie es großartig gemacht hat. Jedem der Charaktere hat sie eine Stimme verliehen, die hervorragend zu der Person passte und die Eigenschaften noch betonte. So wirkte der Roman sehr lebhaft. Das Hörbuch dauert 9 Stunden und 44 Minuten und stellt eine ungekürzte Lesung dar. Mich persönlich freut es, dass ich dieses Buch als Hörbuch gehört habe, ich kann mir vorstellen, dass diese Geschichte als Roman nicht die gleiche Wirkung hat.

Mich hat die Story sehr gut unterhalten und nicht kaltgelassen.

Es ist eine Geschichte, die berührt. Sie ist tragisch und chaotisch, wie das Leben dieser Familie. Dennoch bleibt der Roman als warmherzige und hoffnungsvolle Geschichte in Erinnerung. Von mir gibt es 4 Sterne.