Picoult, Jodi/Boylan, Jennifer Finney - Wildhonig


Wildhonig erzählt die Geschichte von Olivia McAfee, die nach einer gewalttätigen Ehe in ihre Heimatstadt in New Hampshire zurückkehrt und dort den Imkereibetrieb ihres Vaters weiterführt. Ihr Sohn Asher findet sich schnell ein und verliebt sich in die neue Mitschülerin Lily – ein stilles, sensibles Mädchen, das ebenfalls versucht, mit einer schwierigen Vergangenheit klarzukommen. Als Lily unter tragischen Umständen stirbt und Asher in den Fokus der Ermittlungen gerät, gerät Olivias mühsam aufgebautes neues Leben ins Wanken. Während eines lange andauernden Gerichtsverfahrens wird Schicht um Schicht offengelegt, welche Geheimnisse in beiden Familien verborgen liegen und wie wenig selbst eine Mutter über ihr eigenes Kind wirklich wissen kann.

Der Roman verbindet emotionale Familiengeschichte mit gesellschaftlich relevanten Themen, wie beispielsweise Identitätfragen und Herausforderungen einer Trans Person. Die Abschnitte über die Bienen und die Imkerei schaffen zusätzlich eine atmosphärische Ebene, die Olivias Lebensumfeld und ihre innere Welt widerspiegelt.

Erzählerisch überzeugt Wildhonig durch seine vielschichtigen Figuren und die genaue Beobachtung menschlicher Beziehungen. Gleichzeitig fällt auf, dass sich bestimmte Motive und Gedanken wiederholen und dadurch das Tempo gelegentlich abfällt, besonders im juristischen Mittelteil. Der Roman bleibt aber trotz dieser Längen durchaus spannend, weil er moralische Fragen aufwirft, die nicht einfach zu beantworten sind.

Insgesamt ist Wildhonig ein berührender, klug aufgebauter Roman über Mutterschaft, Schuld, Identität und die Suche nach Wahrheit. Die Mischung aus Familien- und Gerichtsdrama sowie der liebevoll eingearbeitete Bezug zur Natur geben dem Buch eine besondere Intensität, die lange nachwirkt.


Williams, Tad -  Otherland. Stadt der goldenen Schatten

  Stadt der goldenen Schatten“ eröffnet Tad Williams’ monumentale Otherland-Saga – und genau darin liegt zugleich seine Stärke und Schwäche. Der Auftakt zeigt sofort, wie ambitioniert das gesamte Projekt ist: zahllose Figuren, parallele Schauplätze, kryptische Hinweise, virtuelle Welten, politische Verschwörungen. Doch diese Fülle erschlägt den Leser schnell, bevor sich ein klarer erzählerischer Fokus abzeichnet. Statt eines allmählich sichtbaren roten Fadens entsteht häufig der Eindruck, dass man von einer Szene in die nächste geschoben wird, ohne festen Halt.

Williams versteht es zwar, Atmosphären zu schaffen und ungewöhnliche Ideen miteinander zu verweben, doch gerade im ersten Band wirkt diese Komplexität eher wie eine Hürde. Viele Figuren bleiben zunächst schemenhaft, tauchen nur kurz auf oder verschwinden, bevor man emotional andocken kann. Die große Verschwörung, die alles verbinden soll, bleibt noch zu diffus, um wirklich Spannung aufzubauen. Das Ergebnis ist ein Gefühl von dauernder Orientierungslosigkeit, das nicht unbedingt neugierig macht, sondern eher ermüdet.

Wer epische, extrem verschachtelte Zyklen liebt und bereit ist, hunderte Seiten als langen Anlauf zu akzeptieren, könnte den Auftakt dennoch zu schätzen wissen. Für mich jedoch blieb „Stadt der goldenen Schatten“ trotz einzelner faszinierender Ideen zu verwirrend und zu sprunghaft. Im Moment sehe ich keinen Grund, die Reihe fortzusetzen – der Aufwand an Konzentration und Geduld steht nicht im Verhältnis zu dem erzählerischen Ertrag, den der erste Band bietet.

 Fields, Helen - Body Number One

 

Helen Fields liefert mit Body Number One einen atmosphärisch dichten und psychologisch ausgefeilten Thriller, der vor allem durch seine starken Hauptfiguren überzeugt. Die Handlung setzt mit einer Reihe brutaler, scheinbar willkürlicher Morde in Edinburgh ein. Detective Sergeant Lively erkennt früh, dass ein Serienkiller am Werk sein könnte, doch die Spurenlage ist dünn. Um ein psychologisches Profil zu erstellen, wird die forensische Profilerin hinzugezogen. Während die beiden versuchen, einen Täter zu fassen, der seine Opfer ohne erkennbare Verbindung auswählt, kämpft Livelys Partnerin Beth mit den Schatten ihrer eigenen Vergangenheit, denn sie glaubt, erneut von dem Stalker bedroht zu werden, der ihre Tochter ins Verderben stürzte.

So entwickelt sich ein Geflecht aus Ermittlungsarbeit, persönlichem Trauma und zunehmender Bedrohung, das sich stetig zuspitzt.


Der Roman entfaltet seine Wirkung vor allem durch Fields’ Fähigkeit, Spannung nicht über pure Gewalt, sondern über psychologische Intensität zu erzeugen. Die Autorin lässt ihre Figuren glaubwürdig handeln und verleiht ihnen emotionale Tiefe. Auch der Wechsel zwischen den Ermittlungen und Beths persönlicher Bedrohung funktioniert hervorragend und führt beide Ebenen stimmig zusammen, bis sich das Puzzle im letzten Drittel zu einem Finale fügt.
Gelegentlich wirkt der Plot ein wenig konstruiert. Doch diese kleineren Kritikpunkte mindern den Gesamteindruck kaum.

Body Number One bleibt ein intensiver Thriller, der gleichermaßen durch Atmosphäre, psychologisches Profiling und emotionale Tiefe überzeugt. Fields gelingt es, die Spannung kontinuierlich hochzuhalten und gleichzeitig die menschliche Seite des Ermittlerteams hervorzuheben. Ein fesselnder Roman, der sowohl Thriller-Leser als auch Fans psychologischer Spannung begeistert.

 Fitzek, Sebastian - Der Nachbar 

 

Der Nachbar von Sebastian Fitzek ist ein Thriller, der einen ohne jede Vorwarnung mitten in die Handlung schleudert. Bereits auf den ersten Seiten wird man von einer brutalen, schockierenden Szene getroffen, die den Ton des gesamten Romans festlegt. Fitzek verzichtet auf langsame Annäherungen oder atmosphärische Vorspiele und setzt stattdessen auf unmittelbare Konfrontation. Dieses schnelle, harte Anziehen des Tempos sorgt dafür, dass man sofort im Sog der Geschichte gefangen ist.

Die Stärke des Buches liegt vor allem in seiner konsequent gehaltenen Spannung. Fitzek konstruiert eine Handlung, die dicht, energiegeladen und immer wieder überraschend ist. Die Kapitel wirken oft wie Schlaglichter – kurz, präzise und so angelegt, dass man ständig weiterblättern will. Die Story funktioniert weniger über emotionale Tiefe oder psychologische Feinzeichnung, sondern über den reinen Druck, der durch permanente Wendungen, Enthüllungen und extreme Situationen entsteht. Es ist ein Thriller, der fast körperlich spürbar bleibt, weil er kaum Pausen zulässt.

Trotzdem gibt es einen kleinen Punkt, an dem der Roman kurz ins Stocken gerät. Im mittleren Teil lässt die Spannung für einige Kapitel nach. Die Handlung wirkt dort etwas gedehnt, einzelne Szenen wiederholen bereits angedeutete Muster und der Drive, der am Anfang so intensiv ist, flacht für einen Moment ab. Dieser Abschnitt nimmt dem sonst so straffen Erzählen etwas Schwung, bevor das Buch im letzten Drittel wieder deutlich anzieht und mit hohem Tempo auf seinen Höhepunkt zusteuert.

Am Ende bleibt der Eindruck eines sehr kraftvollen, temporeichen Thrillers, der ohne Anlauf beginnt und sich mit nur geringem Durchhänger nahezu durchgehend fest in der Aufmerksamkeit des Lesers verhakt. Fitzek zeigt hier einmal mehr, wie gut er Spannung nicht nur aufbaut, sondern auch über weite Strecken trägt. Das Ende bietet noch mal einen Aspekt, der für viele Spekulationen offen ist. Ein guter, lesenswerter Fitzek.

 Stirling, Joss - Finding you. Die Macht der Seelen

Buchcover für Finding You – Die Macht der Seelen  Joss Stirling entwirft mit „Die Macht der Seelen“ eine romantische Fantasywelt, in der junge Menschen mit besonderen, telepathischen Fähigkeiten – den sogenannten Savants – ihre Seelenpartner finden müssen, um ihr volles Potenzial zu entfalten. Der Auftakt „Finding Sky“ führt in diese Welt ein: Die schüchterne Sky begegnet dem geheimnisvollen Zed Benedict, der behauptet, sie sei seine „Seeleneinzige“. Zwischen Highschool-Alltag, Liebesdrama und übernatürlichen Gefahren entfaltet sich eine typische Mischung aus Romantik, Spannung und Coming-of-Age.

Im zweiten Band „Stealing Phoenix“ verlagert sich der Fokus auf Yves Benedict, Zeds Bruder, und die junge Taschendiebin Phoenix. Diese Fortsetzung wirkt reifer und temporeicher; sie bietet mehr Action, düstere Untertöne und eine Liebesgeschichte, die glaubwürdiger und emotional dichter erzählt ist. Stirling gelingt es hier besser, die übernatürlichen Elemente mit realen Konflikten – Vertrauen, Freiheit, moralische Entscheidungen – zu verbinden.

„Calling Crystal“, der dritte Teil, konzentriert sich schließlich auf den stilleren Benedict-Bruder Xav und die eigenwillige Crystal, deren Fähigkeiten und Persönlichkeit eine neue Dynamik ins Spiel bringen. Der Roman überzeugt durch humorvolle Dialoge und stärkere Team-Momente, bleibt aber inhaltlich recht vorhersehbar und wiederholt bekannte Beziehungsmuster.

Gemeinsam bilden die drei Romane eine charmante, wenn auch konventionelle Jugendfantasy-Reihe, die vor allem von ihren sympathischen Figuren und der Idee der Seelenverbindung lebt. Die Geschichten sind leicht zugänglich, emotional ansprechend und besonders für Leserinnen geeignet, die romantische Urban Fantasy mit einem Hauch von Spannung mögen. Kritisch anzumerken sind die stellenweise die stereotypen und klischeehafte Handlungen und die recht einfache Sprache, die sich klar an ein jüngeres Publikum richtet.

Die ersten drei Bände von „Die Macht der Seelen“ bieten unterhaltsame, gefühlvolle Fantasy mit Teenie-Romantik und übersinnlichen Kräften. Wer leichte, emotionale Lesekost sucht, wird hier fündig. Wer hingegen komplexe Welten oder tiefere psychologische Entwicklungen erwartet, wird die Reihe eher vorhersehbar finden.

Beckett, Simon - Knochenkälte

   Simon Beckett liefert mit Knochenkälte einen Roman, der sich deutlich von den bisherigen Bänden seiner erfolgreichen David-Hunter-Reihe abhebt. Während Beckett sonst für seine präzise forensische Detailarbeit, seine packenden Ermittlungsverläufe und die konstant hohe Spannung bekannt ist, wählt er hier einen anderen Weg: Knochenkälte ist ruhiger, atmosphärischer und deutlich stärker auf die innere Welt seiner Figuren ausgerichtet.

Der Schauplatz – karg, einsam und von winterlicher Kälte durchzogen – spielt eine zentrale Rolle. Beckett gelingt es, die Natur eindringlich und bildhaft zu beschreiben. Das raue Wetter, die abgeschiedenen Orte und die frostige Stille schaffen eine bedrückende, zugleich faszinierende Kulisse, in der sich die Handlung entfaltet. Diese dichte Atmosphäre zieht den Leser weniger über die Handlung als über Stimmungen in ihren Bann. Man spürt die Kälte in jeder Zeile, hört das Knacken des Eises und sieht das fahle Licht, das über die Landschaft fällt. Als Verfilmung sehr gut denkbar.

Die eigentliche Kriminalhandlung bleibt ein wenig im Hintergrund. Es gibt zwar ein Verbrechen und eine Untersuchung, doch Beckett inszeniert diese nur noch als Rahmen, um tiefere Themen zu erkunden: Schuld, Verlust, Einsamkeit und das Ringen mit der eigenen Vergangenheit. Beobachtungen, Gespräche und unausgesprochene Spannungen rücken in den Vordergrund.

Die technischen, forensischen Details, die in früheren Büchern der Reihe ein Markenzeichen waren, erscheinen hier nur am Rande. Der Fokus liegt klar auf Atmosphäre und Charakterzeichnung.

Knochenkälte ist kein rasanter Thriller, sondern ein leiser, stimmungsvoller Roman. Er überzeugt durch Sprachkraft, psychologische Genauigkeit und ein starkes Gefühl für Landschaft, Atmosphäre und Stimmung. Beckett beweist hier Mut zur Veränderung – und zeigt damit, dass er das hervorragend kann.

 Verghese, Abraham - Rückkehr nach Missing

  Abraham Vergheses Roman Rückkehr nach Missing ist ein episches Werk von beeindruckender Tiefe und erzählerischer Kraft. Auf über achthundert Seiten entfaltet sich die Geschichte der eineiigen Zwillingsbrüder Marion und Shiva Stone, die in einem Missionshospital in Addis Abeba, Äthiopien, geboren werden. Ihre Mutter, eine indische Nonne, stirbt bei der Geburt, ihr Vater, ein britischer Chirurg, verschwindet spurlos. Aufgezogen von zwei Ärzten im Krankenhaus, wachsen die Brüder in einer Welt auf, die von Krankheit, Heilung und politischem Wandel geprägt ist. Früh entdecken sie ihre Faszination für Medizin, doch Liebe, Eifersucht und die politischen Umbrüche Äthiopiens treiben sie auseinander und bestimmen fortan ihr Leben.

Verghese gelingt es, die Schauplätze mit außergewöhnlicher Anschaulichkeit zu gestalten. Diese Dichte entspringt wohl der eigenen medizinischen Erfahrung des Autors.
Zugleich ist der Roman eine große Familien- und Identitätssaga. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach Herkunft und Zugehörigkeit.
Rückkehr nach Missing ist ein Roman über Exil und Heimat, über Verlust, Schuld und Wiederfinden.
Verghese schreibt mit großer Detailfreude und emotionaler Dichte. Seine Sprache ist bildhaft, oft poetisch. Das verlangt Geduld.

Kritisch lässt sich anmerken, dass der Roman gelegentlich vorhersehbar ist und stellenweise zu detailverliebt bei trivialen Momenten, die kein Mehrwert für die Geschichte haben.

Wer umfangreiche, dichte Familienromane liebt, in denen Generationen, Herkunft und Identität miteinander verwoben sind, wird hier fündig. Es ist ein Buch über das Heilen – von Körpern, von Beziehungen, von Vergangenheiten – und über die Rückkehr zu dem Ort, an dem alles begann, um sich selbst zu finden.

 Irving, John - Königin Esther

John Irving erzählt in Königin Esther die Geschichte der jüdischen Waise Esther Nacht, die Anfang des 20. Jahrhunderts aus Wien nach Amerika kommt und im Waisenhaus von St. Cloud’s landet – einem Ort, den Irving-Leser aus Gottes Werk und Teufels Beitrag kennen. Von dort spannt sich ihr Leben über Jahrzehnte, über verschiedene Länder und Generationen hinweg. Es geht um Zugehörigkeit, Schuld, Identität und das Überleben in einer Welt, die einem selten Heimat bietet.

Der Roman wirkt zunächst wie ein klassischer Irving: eine Mischung aus Melodram, Schicksal, schwarzem Humor und moralischer Dringlichkeit. Seine Figuren sind exzentrisch und berührend, die Sprache gewohnt detailreich. Besonders Esthers frühe Jahre, ihr Versuch, in der puritanischen Neuengland-Gesellschaft einen Platz zu finden, gehören zu den stärksten Momenten des Buches.

Doch je weiter die Geschichte voranschreitet, desto mehr verliert sich Irving in Nebensträngen und historischen Exkursen. Die Erzählung zerfasert, und Esthers eigene Stimme rückt immer wieder in den Hintergrund. Man spürt den großen Willen, ein Jahrhundert und seine Wunden zu fassen – aber manchmal steht die Konstruktion dem Gefühl im Weg. Auch die Verbindung zum vertrauten Waisenhaus-Kosmos wirkt eher wie ein Echo vergangener Romane als wie eine neue Entdeckung.

Trotz dieser Schwächen bleibt Königin Esther ein lesenswerter, ambitionierter Spät-Irving: ein Buch über Erinnerung, Herkunft und moralische Verantwortung – nur weniger kraftvoll als seine großen Vorgänger wie Garp oder Owen Meany. Wer Irving mag, wird seine Handschrift lieben; wer eine straffe, wirklich mitreißende Familiengeschichte sucht, könnte etwas Geduld brauchen.

Fazit: ein bewegendes, aber stellenweise überfrachtetes Alterswerk – mit glanzvollen Momenten, doch ohne den erzählerischen Atem, der Irvings frühere Romane unvergesslich machte.

 Boyne, John - Die Geschichte der Einsamkeit

 

John Boyne wendet sich in Die Geschichte der Einsamkeit einem ernsten, historischen und moralisch aufgeladenen Thema zu: dem sexuellen Missbrauch innerhalb der katholischen Kirche in Irland. Dabei erzählt er nicht reißerisch, sondern leise, mit einer anfangs fast unscheinbaren Tragik, die sich erst nach und nach entfaltet.

Im Mittelpunkt steht Pater Odran Yates, ein gutmütiger, pflichtbewusster Priester, der seit seiner Jugend dem Glauben ergeben ist. Nach einer familiären Tragödie tritt er ins Priesterseminar ein – aus echter Überzeugung, aber auch, um der Trauer zu entfliehen. Jahrzehnte später blickt er auf sein Leben zurück und erkennt langsam, wie sehr er durch Schweigen, Wegsehen und Gehorsam Teil eines Systems geworden ist, das viel Leid zugelassen hat.

Boyne zeichnet dabei ein präzises Porträt eines Mannes, der an sich selbst scheitert, nicht aus Bosheit, sondern aus Angst vor Verantwortung. Gerade diese Ambivalenz macht den Roman stark: Er zeigt, wie leicht moralische Schuld entsteht, wenn man nicht handelt. Gleichzeitig entfaltet Boyne ein dichtes Zeitbild Irlands, von den 1970er-Jahren bis in die Gegenwart, mit all seinen religiösen Zwängen, gesellschaftlichen Tabus und Brüchen.

Allerdings hat der Roman auch Schwächen:
Stellenweise verliert die Handlung spürbar an Spannung – besonders im mittleren Teil, wenn Boyne zu sehr in Rückblenden und inneren Monologen verweilt. Die Geschichte wirkt dann etwas zäh und wiederholt sich in ihren moralischen Erkenntnissen.

Trotzdem bleibt Die Geschichte der Einsamkeit ein eindrucksvoll stiller, ehrlicher Roman über Schuld, Scham und Selbsttäuschung und zeigt, dass Einsamkeit oft aus dem Schweigen entsteht. Ein feinfühlig erzählter, moralisch komplexer Roman.