Verghese, Abraham - Rückkehr nach Missing

  Abraham Vergheses Roman Rückkehr nach Missing ist ein episches Werk von beeindruckender Tiefe und erzählerischer Kraft. Auf über achthundert Seiten entfaltet sich die Geschichte der eineiigen Zwillingsbrüder Marion und Shiva Stone, die in einem Missionshospital in Addis Abeba, Äthiopien, geboren werden. Ihre Mutter, eine indische Nonne, stirbt bei der Geburt, ihr Vater, ein britischer Chirurg, verschwindet spurlos. Aufgezogen von zwei Ärzten im Krankenhaus, wachsen die Brüder in einer Welt auf, die von Krankheit, Heilung und politischem Wandel geprägt ist. Früh entdecken sie ihre Faszination für Medizin, doch Liebe, Eifersucht und die politischen Umbrüche Äthiopiens treiben sie auseinander und bestimmen fortan ihr Leben.

Verghese gelingt es, die Schauplätze mit außergewöhnlicher Anschaulichkeit zu gestalten. Diese Dichte entspringt wohl der eigenen medizinischen Erfahrung des Autors.
Zugleich ist der Roman eine große Familien- und Identitätssaga. Im Mittelpunkt stehen Fragen nach Herkunft und Zugehörigkeit.
Rückkehr nach Missing ist ein Roman über Exil und Heimat, über Verlust, Schuld und Wiederfinden.
Verghese schreibt mit großer Detailfreude und emotionaler Dichte. Seine Sprache ist bildhaft, oft poetisch. Das verlangt Geduld.

Kritisch lässt sich anmerken, dass der Roman gelegentlich vorhersehbar ist und stellenweise zu detailverliebt bei trivialen Momenten, die kein Mehrwert für die Geschichte haben.

Wer umfangreiche, dichte Familienromane liebt, in denen Generationen, Herkunft und Identität miteinander verwoben sind, wird hier fündig. Es ist ein Buch über das Heilen – von Körpern, von Beziehungen, von Vergangenheiten – und über die Rückkehr zu dem Ort, an dem alles begann, um sich selbst zu finden.

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