McEwan, Ian - Was wir wissen können
Ian McEwan verbindet in Was wir wissen können Vergangenheit und Zukunft zu einem vielschichtigen Roman über Erinnerung, Verlust und die Fragilität von Wissen. Ausgangspunkt ist ein Gedicht, das 2014 einmalig vorgetragen und danach nie wieder gefunden wurde. Jahrzehnte später sucht der Literaturwissenschaftler Tom Metcalfe im Jahr 2119 in einer von Klimakatastrophen veränderten Welt nach Spuren dieses verschollenen Textes.
McEwan zeigt, wie kleine und scheinbar banale Details aus der Vergangenheit in der Zukunft plötzlich kostbar erscheinen. Die Handlung trägt kriminalistische Züge, doch wichtiger ist die Reflexion: Was bleibt von Kunst, Kultur und Leben, wenn Archive zerfallen und Erinnerungen verblassen?
Der Roman ist melancholisch und tief nachdenklich zugleich. Er lässt die Leser über die eigene Gegenwart grübeln: Was wird von unserer Welt in hundert Jahren übrig sein – und was werden wir niemals wissen können?
Trotz der intellektuellen Brillanz und der spannenden Grundidee hat mich der Roman insgesamt etwas enttäuscht. Ich empfand ihn stellenweise als langatmig, mit vielen verschachtelten Sätzen, die das flüssige Lesen erschwerten. Auch der Bezug zur Zukunft, den ich mir stärker und prägnanter gewünscht hätte, bleibt eher vage und kommt nur am Rande zum Tragen. Statt eines runden, erzählerisch geschlossenen Romans wirkt Was wir wissen können fragmentarisch, experimentell und stellenweise zerfasert, eher ein literarisches Gedankenspiel, das seinen Reiz hat.
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