Hauser, Walter - Anna Göldi – geliebt, verteufelt, enthauptet: Der letzte Hexenprozess und die Entdämonisierung der Frau
Über den Autor: / Amazon
Dr. iur. Walter Hauser, geboren 1957, aufgewachsen im Kanton Glarus. Der Prozessrechtsspezialist ist Ex-Kantonsrichter, Journalist und war Redaktor u. a. bei der «Sonntagszeitung» sowie beim «Sonntagsblick». Er initiierte die Anna-Göldi-Stiftung, die sich gegen Justiz- und Behördenwillkür engagiert und 2017 das Anna Göldi Museum in Glarus eröffnete.
Kurzbeschreibung: /Verlag
Im neuen Anna-Göldi-Buch spielt der Churer Priester und Teufelsaustreiber Johann Joseph Gassner eine einflussreiche Rolle. Die von ihm entfachte Satans-Hysterie befeuerte die letzten europäischen Hexenprozesse: 1775 im süddeutschen Kempten, 1779 im bündnerischen Tinizong und 1782 in Glarus. Zwischen diesen drei Prozessen gibt es deutliche Unterschiede, aber auch interessante Gemeinsamkeiten.
Der Göldi-Hexenprozess wurde zu einem der allerersten großen «Whistleblowing»-Fälle in Europa. Die öffentliche Debatte, welche die Publikation geheimer Prozessdokumente entfachte, hatte eine heilsame Wirkung. Sie ebnete den Weg zu einer vom Dämonenglauben befreiten Strafjustiz und besiegelte das Ende der Hexenverfolgung, die in erster Linie eine Frauenverfolgung war. Was heute fast schon vergessen ist: Während Jahrhunderten wurden Frauen im christlichen Europa kriminalisiert und dämonisiert, als Übeltäterinnen und natürliche Verbündete des Teufels.
Meine Meinung:
Anna Göldi hat mit nur 48 Jahren eine traurige Berühmtheit erlangt. Sie ist die letzte Frau, die in einem Hexenprozess verurteilt und hingerichtet worden ist. Von diesem Prozess und von den sozialen und juristischen Gegebenheiten dieser Zeit erzählt das Buch von Dr. Walter Hauser. Der wie Verlag dazu sagt:
"Als Jurist zeigt Walter Hauser die
zeitgeschichtlichen und rechtlichen Zusammenhänge des
Anna-Göldi-Prozesses auf. Als Journalist vermittelt er die dramatische
und mysteriöse Schicksalsgeschichte der Magd, die 1782 durch das Schwert
hingerichtet und 2008 durch das glarnerische Parlament rehabilitiert
wurde. Eine Geschichte, die bis heute bewegt, aufrüttelt, polarisiert."
Anna Göldi ist nicht nur als letzte verurteilte und hingerichtete Frau in einem Hexenprozess bedeutend, sondern auch als ein Symbol der Unterdrückung und Missbrauch von Frauen, die als Verantwortliche für alles Unheil herangezogen worden sind, als Verbündete des Teufels in der christlichen Welt stigmatisiert worden sind.
Sogar als der Autor im Jahr 2017 für die Rehabilitierung von Anna Göldi eintrat, wurde der Antrag zunächst abgelehnt. Es wurde als nicht notwendig erachtet, diesen Justizfehler, auch wenn viel zu spät, zu korrigieren. Erst ein Jahr später wurde die Frau öffentlich rehabilitiert.
In dem ersten Teil des Buchs porträtiert der Autor Anna Göldi, ihr Leben und die sozialen Hintergründe. Anna Göldi kam aus den ärmlichen Verhältnissen und arbeitete als Magd. Sie wurde schwanger und bekam ein Kind, wie sich jeder denken kann von dem Dienstherrn. Sie verließ die Stelle, und wurde später angeklagt das Kind vergiftet zu haben, mithilfe der Hexerei und des Verbundes mit dem Teufel. In dieser Zeit glaubte schon die überwiegende Mehrheit nicht mehr an das Bund mit dem Teufel und die Hexerei. Doch die Familie des Dienstherrn, Tschudi, war sehr einflussreich. Im Prozess gegen Anna trafen die Anhänger der Familie Tschudi als Ankläger und Zeugen auf, sodass es für eine einfache Magd völlig unmöglich war, seine Unschuld zu beweisen. Als es im Laufe des Prozesses zum Verhör und Folter kam, hat Anna alles zugegeben, was von ihr verlangt worden ist.
In zweitem Teil des Buches widmet sich der Autor der Enthüllung der geheimen Akten in dem Fall Anna Göldi. Er hat Zugang zu den Prozessakten und glücklicherweise ist aus der Zeit ein ausführliches Tagebuch zu diesem Fall von einem aktiven damaligen Journalisten geblieben, sodass man auch die Skizzierung des Falls von einer unabhängigen Person lesen konnte. Was mich beeindruckt hat, ist das Verhör von Anna Göldi. Leider, muss ich an dieser Stelle sagen, dass der schweizerische Dialekt mit in das Verhör übernommen worden ist, sodass ich persönlich einige Probleme mit Verständnis und Lesefluss hatte. Dennoch beeindruckende Recherche von Hr. Dr. Walter Hauser.
In letztem Teil des Buches analysiert der Autor die Folgen von dem letzten Hexenprozess der Geschichte und erzählt über die Rehabilitierung Anna Göldi.
Diese Ausgabe des Buchs ist neu überarbeitet, da neue Erkenntnisse in dem Fall Anna Göldi dazu gekommen sind. Ich fand dieses Sachbuch lesenswert, jedoch stellenweise wegen des Dialekts für mich schwierig zu verstehen. Allerdings ist es ein geschichtliches Dokument, der Beachtung finden sollte. Durchaus interessant und zu empfehlen.
Von mir gibt es 4 Sterne.
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