Stadsbjerg, Caroline - Carnivora

  Caroline Stadsbjergs Roman Carnivora entwirft eine dystopische Zukunft, in der Tiere ausgestorben sind und die Menschheit eine verstörende Alternative gefunden hat: Für die Fleischproduktion wird eine menschenähnliche Spezies, der Homo cibus, gezüchtet – nicht als Individuum, sondern als Ware. Im Zentrum steht Hannah, eine scheinbar gewöhnliche Frau, die in ihrem Alltag plötzlich mit den brutalen Mechanismen dieser Gesellschaft konfrontiert wird. Als Schülerinnen verschwinden und die grausame Normalität immer brüchiger wird, muss sie Stellung beziehen.

Der thematische Schwerpunkt liegt klar auf der Ethik des Konsums. Die Parallele zur realen Tierindustrie ist dabei offensichtlich – und gerade in dieser Zuspitzung liegt die große Stärke des Buches. Auch Fragen nach Menschlichkeit, Empathie und Schuld ziehen sich wie ein roter Faden durch die Handlung.

Mich persönlich hat das Thema regelrecht geschockt. Die Vorstellung, menschenähnliche Wesen wie Nutztiere zu behandeln, ist grausam und gruselig zugleich. Genau diese Bildhaftigkeit, die Stadsbjerg in oft nüchterner, fast klinischer Sprache schildert, verstärkt den Effekt. Die Kälte der Sprache kontrastiert mit dem Grauen der Bilder – und gerade dadurch bleibt die Lektüre so eindringlich.

Das Buch hat unbestreitbare Stärken:
Die klare, präzise Sprache, die schonungslos wirkt.
Die konsequente Gesellschaftskritik, die weit über die Fiktion hinausreicht.
Die Fähigkeit, die Leser nicht loszulassen, sondern zu verstören und zum Nachdenken zu zwingen.

Für mich war Carnivora ein schwer verdauliches, aber absolut notwendiges Buch. Es ist unbequem, es schockiert – und gerade deshalb entfaltet es seine Wirkung. Es gehört zu den Geschichten, die man nicht einfach zuschlägt und vergisst, sondern die nachhallen und zu einer Auseinandersetzung zwingen, die über das Lesen hinausgeht.

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